Auch wir haben versucht aus der aktuellen Situation das Beste zu machen. Digital wurden Szenen, Musik und Tänze geprobt und später in verschiedensten Formen gedreht um euch am 10./11./12. Juli jeweils 19 Uhr einen Film zu präsentieren!
Das digitale Theaterstück „Familie Kroch, Leipzig.“ kann online auf YouTube angesehen werden: https://youtu.be/cJft-Lp0beg
Für Englisch-sprachige Personen steht eine Version mit englischen Untertiteln zur Verfügung: https://youtu.be/I1Fs-Rd83oE
Corona-Probentagebuch
Im Rahmen des Projekts „Familie Kroch, Leipzig.“ haben die Teilnehmenden ein Probentagebuch erstellt, um die durch die Corona-Pandemie veränderten Proben-Bedingungen zu dokumentieren.
Eintrag 1
Flô’s Gedanken zum digitalen Projekt:
1. Technik, die begeistert!
Zu aller erst, ist es sehr interessant, nach und nach Methoden zu entwickeln, trotz der teilweise räumlichen und technischen Schwierigkeiten, produktiv zu sein, sodass wir, neben funktionierenden Lese- und Spielproben, Beratungen, Absprachen und DropBox-Lawinen, auch beispielsweise Wege fanden, die Musik so herzurichten, dass wir bereits ein (annähernd) synchrones Warm Up und eine (annähernd) synchrone Tanzprobe durchführen konnten, was mich sehr erleichtert!
2. Heureka!
Durch das digitale Projekt bieten sich tatsächlich plötzlich Optionen, sich noch vielfältiger im Stück einzubringen, da man mit vorher aufgenommenen Videosequenzen arbeiten kann, wodurch einem die Möglichkeit gegeben ist, mehrere Dinge gleichzeitig performen zu können, wie z.B. in der Band zu spielen und sich zur selben Zeit beim Tanzen zuzusehen!
3. Endlich pünktlich!
Die momentane Situation fördert allerdings das Organisationsvermögen, sowohl der Künstler_innen als auch der Dozent_innen, da man nicht nur selbst viel mehr von zu Hause aus machen muss, wie Tänze, Gesänge, Instrumental-Parts usw. selbstständig einzuspielen, aufzunehmen und bei den Dozent_innen einzuschicken, sondern Zeitpläne jetzt auch wirklich eingehalten werden müssen, weil nichts parallel ablaufen kann, aufgrund der begrenzt nutzbaren Arbeitsfläche, welche sich auf eine einzige Videokonferenz beschränkt! Und es funktioniert, was mich zwar durchaus stolz auf alle macht, aber insbesondere auf die Organisator_innen!
4. Anfängliche Schwierigkeiten!
Schauspielerisch hab‘ ich zu Beginn des digitalen Projekts die persönliche Erfahrung gemacht, mich schwieriger sowohl in die eigenen Rollen als auch in die der anderen hineinversetzen zu können. Es gibt keinen physisch direkten Gegenüber, es ist kein wirklicher Augenkontakt möglich und die Ausstrahlung kommt nur gedämmt an, was es durchaus merklich erschwert, die richtige Energie zu entwickeln. Aber von Probe zu Probe fällt es leichter, sich mit der Konstellation aus Kamera, einem mehrfach geteilten Bildschirm und gelegentlich leichten Bewegungs- und Stimmverz/-ögerungen/-errungen anzufreunden, was also sehr gute Aussichten für die künftige Weiterarbeit bringt!
5. Talent verbirgt sich überall!
Aber ich kann mir auch vorstellen, dass es für die Einen leichter ist, bei sich zu Hause zu schauspielern und für die Anderen viel schwerer, da sie sich nur auf der Bühne oder unter Leuten richtig gehen lassen können, wohingegen sich die Einen wiederum zu Hause wohler fühlen und es somit einfacher haben, ihrem Potential auf den Grund zu gehen! So wird also jeder mal ganz neu gefordert!
6. Einfallsreiche Köpfe!
Allein schon die Grundidee – statt aufgrund der aktuellen Umstände besagten Kopf hängen zu lassen, zu beschließen, aus dem Projekt einfach ein (allerdings jeweils gleichwertiges) Drei-Gänge-Menü zu machen, in dem nach dem Hors-d’œuvre: der Werkschau, nun an der Plat Principal: dem Film weiter kreiert wird, um später mit dem fertigen Theaterstück auf der Bühne dann das Dessert zu kredenzen – ist nichts geringer als großartig! Danke, dass niemand den Mut! verloren hat!
7. Rosen für’s Team!
Ich bin mehr als überwältigt von diesem herzerwärmenden Engagement des Vereins, der Dozent_innen und aller Unterstützer, in Form von regelmäßigen Updates, exzellentem Informationsfluss und Tutorials zu Gesängen, Warm Ups, Tänzen, Musikvorlagen, Aufnahmen und und und.. einfach schön! ♥️
Vielen Dank! – Flô
Eintrag 2
Theaterproben mal anders…von Charlotte
Theater lebt von Interaktion, Berührungen, Augenkontakt, vom verbalen und nonverbalen Reagieren aufeinander. Theater lebt von all den Dingen, die zurzeit schwer umsetzbar sind.
Trotz dessen treffen wir uns jede Woche an unseren Laptops – in einem Zwischenraum der Realität. Wir tanzen in unseren Wohnzimmern zu stockender Musik. Wir versetzen uns in das Leipzig lang vor unserer Zeit und wir singen aus vollem Hals zu Playback-Versionen. Dabei sehen wir vielen stummen Mündern und wippenden Körpern zu, während sie sich im Takt der gleichen Lieder bewegen. Helenes stetig wachsende Choreografien werden im Wäschekeller, im Garten am Stadtrand, auf der Dachterrasse oder am Ufer eines Sees getanzt und aufgenommen, sodass viele kleine Filme im großen Puzzle zusammengefügt und später eine Einheit ergeben werden. Kleine Sänger mit vorsichtigen Stimmen werden Aufnahmen an Susi und Ben schicken und vielleicht zum ersten Mal aus dem Chor der Stimmen herausgehört werden. Manche Menschen unserer Gruppe werden Orte Leipzigs entdecken, die vorher unentdeckt blieben, wenn sie die Kroch Orte auskundschaften.
Wir haben viel Zeit. Wir haben Zeit, die Kroch Bücher zu lesen und in alte Geschichten und vergessene Biographien einzutauchen. Mehr Zeit, als wir ohne Corona hätten, wenn jeder ununterbrochen mit seinem eigenen Leben beschäftigt wäre…
Eintrag 3
Von Lilly….Man klappt den Laptop auf, um verzweifelt den aktuellsten Link zum Zoommeeting im voll gestopften E-Mailfach zu finden. Ein Klick und einen Moment später schaut man in ca. 20 Gesichter mit den unterschiedlichsten Gesichtsausdrücken. Müde, gelangweilt, belustigt, abwesend, konzentriert, heiter und engagiert. Denn obwohl wir alle am selben Projekt teilnehmen, reagieren wir doch unterschiedlich auf die Ausgangsbeschränkungen und sind unterschiedlich stark von Corona betroffen. Manche von uns sind schon wieder in der Schule. Auch wenn sich Schule nicht wie Schule anfühlt und man nebenbei noch das Homeschooling bestreiten muss. Andere arbeiten wieder oder manche sind einfach immer noch zu Hause. Gerade jetzt ist TheatervereinK eine willkommene Abwechslung und ein nötiger Ausgleich zum verqueren Alltag. Die Kombination aus Theater, Tanz, Musik und Medien verschönert den Tag und erfordert auch mehr als nur die bloße Teilnahme. Besonders das Tanzen hilft dabei die Energie loszuwerden, die sich in der langen Zeit zu Hause ansammelt. Auch wenn man vorher jedes Mal aufs Neue die Wohnung nach einem passenden Plätzchen durchsuchen muss.
Obwohl wahrscheinlich keiner damit gerechnet hat, dass die Proben für unser diesjähriges Projekt so anders verlaufen würden, meistert es das Team erstaunlich gut und schafft es, weiterhin Kreativität und Lebensfreude durch die Kamera zu transportieren.
Eintrag 4
Von Clara……Diesen Mittwoch habe ich mir extra unser Arbeitszimmer reserviert. In meinem Zimmer scheint die Sonne nämlich um die Zeit sehr hell, sodass man im Bildschirm keine Person, sondern nur noch ein undefinierbares Etwas erkennen kann.
Bedacht habe ich bei meiner Reservierung nicht, dass im Arbeitszimmer ein Fenster zum Nachbarhaus hinausgeht.
Die Theaterstunde geht los. Das Fenster im Zimmer ist offen. Es ist sehr heiß.
Drüben laufen Bauarbeiten und so können einen die Arbeiter volle zwei Stunden beobachten, wie man expressionistisch vor dem Laptop Lieder mit Susi singt (z.B. unser Hit „Welcome Everybody“) und sich beim Tanz mit Helene durch das Zimmer rollt.
Aber wen kümmerts? Manchmal musst man halt ein bisschen crazy sein, das macht den „Corona- Alltag“ abwechslungsreicher.
Dann schaut man sich den aufgeklappten Bildschirm an, in dem sich über 20 Miniatur-Bildchen tummeln. Manche Bewohner dieser „bewegten“ Bilder scheinen maskiert oder mit Hut bestückt zu sein.
Doch empfindet man auch ein bisschen Nostalgie, weil man sich nicht in der Gruppe treffen kann.
Trotz der aktuellen Situation finde ich es echt großartig, dass das Projekt auch in diesen Zeiten Begeisterung findet und alle –Teilnehmer*innen und Tutor*innen (!) - sich Zeit für die wöchentliche Probe nehmen.
Eintrag 5
Von Moritz……Langsam wird es ernst. Da nächste Woche schon die erste Szene in Zoom aufgenommen werden soll, geht es allmählich in die heiße Phase. Texte müssen endlich sitzen, die Interaktionen echter werden, und wir müssen alle lernen mit der Kamera zu spielen. Es ist für jeden von uns eine Herausforderung, auf das neue Format Film umzusteigen, denke ich. Besonders in dieser unbekannten Form, wo wir alle zuhause vor dem eigenen Computer sitzen und auch die anderen nur in kleinen Kästchen auf unserem Bildschirm beobachten können. Wir sind in gewissem Sinne eingeschränkt, da wir eben nicht wie bei klassischen Theaterproben direkt in nächster Nähe miteinander spielen können. Ich denke aber auch, dass uns diese Form neue Möglichkeiten bietet uns weiterzuentwickeln, herauszufinden was wirklich wichtig ist beim Spielen und es auch in diesem Umfeld wirklich glaubwürdig zu machen.
Es ist daher wirklich schön zu sehen, wie jetzt endlich die ersten Szenen zusammenkommen und wirklich gespielt werden können, da nicht mehr jeder nur an seinem Text hängt, sondern viel mehr miteinander interagiert wird.
Auch die Tänze entwickeln sich bei mir endlich vom verwirrten Herumstolpern in meinem zu kleinen Zimmer zu richtigen Choreographien. Langsam lerne ich die Abfolgen und wie ich sie unter diesen eingeschränkten Umständen am besten umsetzen kann, hier eine Drehung mehr oder weniger, da ein kleiner Schritt weiter in eine bestimmte Richtung, um den vorhandenen Platz besser auszunutzen.
Wir alle lernen so nach und nach immer besser mit der Situation umzugehen und das Stück erwacht langsam zum Leben.
Eintrag 6
Von Karla…..Mittwoch, 16 Uhr. Ich lasse die letzten Kinder durch das Tor der Kita zu ihren Eltern rennen. Die vorherigen zwei Stunden vergingen wie im Flug. Ich hatte zu tun, die verschiedenen Gruppen anzufunken und alle Kinder mit ihren Rucksäcken, diversen Jacken und den über den Tag gemalten Bildern sicher in die Hände ihrer Eltern zu übergeben. Kaum hat das letzte Kind das Haus verlassen, schwinge ich mich auf mein Rad und düse durch die Kleingartenanlagen nach Hause.
Kaum durch die Tür rein schmeiße ich meinen Rucksack in die Ecke, setze mich auf den Stuhl vorm Schreibtisch und suche wie jeden Mittwoch schweißgebadet in der Theater Whats-app-Gruppe nach den Zugangsdaten für das Zoom Meeting.
Endlich, gefunden. Es ist 17 Uhr, und ich will nur noch schnell das Passwort eingeben, da stellt sich raus, dass ich um beizutreten noch eine neue Version der Videoapp, die Zoom nutzt, herunterladen muss. Super nervig.
Aber dann, nach 10 Minuten ist alles bereit und eingegeben. Ich drücke auf das große blaue Feld in der Mitte meines Bildschirms und ZACK ploppen super viele bekannte Gesichter auf. So. Jetzt kann ich mich erstmal zurück lehnen und Leute beobachten.
Viele sehen aus als hätten sie sich extra fein gemacht. Die Haare sind gekämmt oder gekürzt und die Auswahl der Klamotten ist für Coronazeiten überraschend stylisch. Andere sehen aus als säßen sie im Schlafanzug vor der Linse. Aber das ist auch jede Woche anders. Ich hätte mein Zimmer vielleicht nochmal aufräumen können. Jetzt ist es aber auch egal. Spätestens nach der Ganzkörperaufnahme während Helenes Tanz Warmup bin ich ein offenes Buch für alle, die zusehen. So richtig hat das mit dem Tanzen lernen auch wieder nicht funktioniert. Springen geht jedenfalls nicht, wegen der Untermieter.
Jetzt geht es in die Kleingruppen und Stefan hat Zeit, uns allen viele wertvolle Tipps und Anregungen zu den zu lernenden Texten zu geben. Wir beginnen unsere Parts vorzulesen und weiter an unserer Performance zu arbeiten. Obwohl es anders ist als beim „richtigen“ Theater komme ich so langsam rein, in diese verrückte Welt, in der man sich nur über die Kamera des Laptops sehen und zueinander sprechen kann.
Nach 15 Minuten mit Stefan wird eine andere Szene geprobt und ich verlasse ohne mich richtig zu verabschieden den Zoomcall. Alleine sitze ich in meinem jetzt so stillen Zimmer und vermisse die Stunden nach Theater, in denen man nochmal Zeit hatte, sich auszutauschen oder einfach nur beisammen zu sein. Es ist einfach nicht das selbe.
Eintrag 7
Von Paula……Heute ist Mittwoch, und es ist 15:30 Uhr, ich gehe an unseren kleinen Computer und schalte ein Tanz-Warmup mit Video ein. Jemand tanzt, und ich tanze es in der Küche nach. Es ist ein komisches Gefühl vor einem Computer zu tanzen, so ganz alleine.
Danach schwinge ich mich aufs Rad und fahre schnell zu meiner Freundin, um bei ihr die Online-Probe zu machen. Wir klicken auf den Zoom-Link, und es blicken dich 20 Gesichter an. Jetzt besprechen wir die ersten Termine für die Aufnahme der Musikanten.
So, jetzt haben wir eine halbe Stunde Zeit, bis wir wieder vor den Bildschirm müssen. Wir gucken uns ein Tutorial über 20er-Jahre-Frisuren und -Schminke an, das von einem Theatermitglied gemacht wurde.
Jetzt müssen wir wieder an den Computer, um eine Szene zu üben. Stefan gibt uns Tipps und Tricks, wie wir das gut machen können.
Und jetzt haben wir Schluss. Es geht so schnell und einfach, das Zoom-Meeting zu verlassen: ein Knopfdruck genügt. Nicht so wie in der Schille, wo man immer noch eine halbe Stunde gebraucht hat, um sich von allen zu verabschieden.
Es ist einfach viel anders.